Interview


R. Z.: Wie schätzen Sie den Standort Bremgarten AG ein?

T. A.: Nun, der Standort Bremgarten weisst aus meiner Sicht eine gesteigerte Attraktivität auf: Zunächst ist in diesem Zusammenhang die 2009 eröffnete "Westumfahrung" der Stadt Zürich und die Eröffnung eines neuen Nationalstrassen-Abschnittes zu erwähnen. Diese verbesserte Erschliessung und Anbindung an die Stadt Zürich und zusätzlich Richtung Zentralschweiz via Konauer Amt beschert dem Standort Bremgarten eine deutlich erhöhte Attraktivität und Aufmerksamkeit. Die Aussenquartiere der Stadt Zürich sind mit dem Auto in ungefähr 15-20 Fahrminuten erreichbar, die Stadt Zug in rund 25 Minuten und Luzern in ungefähr 40 Minuten. Eine Schnellbus-verbindung, welche die Nationalstrasse nutzt, verbindet Bremgarten direkt mit dem Bahnhof Enge in der Stadt Zürich. Diese verbesserte Anbindung eröffnet neue Perspektiven.

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R.Z.: Welche Besonderheiten prägen für Sie die Kleinstadt Bremgarten?

T.A.: Bremgarten gehört zu den Kleinoden unter den schweizerischen Kleinstädten. Bekannt ist das Reussstädtchen aber nicht nur wegen seiner schönen Altstadt, sondern auch dank seiner Jahrhunderte alten Markttradition (s. obiges Bild), welche heute noch sechs mal im Jahr stattfindet. Der Oster- und der Pfingstmarkt gehören zu den grössten in der Schweiz. Jeder lockt zirka 50'000 Marktbesucher ins malerische Reussstädchen. In wenigen Stunden wandelt sich der Ort jeweils zu einer Einkaufsmeile in der es scheinbar alles gibt, was der Mensch braucht. 

Die historische Kernstadt, die Gestaltung der Strassenräume aber auch der Flussraum werden stadtseitig mit Bedacht, Zurückhaltung und Respekt vor dem kulturellen Erbe weiterentwickelt. Wir haben versucht einen Beitrag zu leisten.

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R.Z.: Wie sind Sie vorgegangen bei der Sanierung der Anlage?

T.A.: Wir haben uns zunächst einen ganzen Jahreszyklus lang dem Ort zugewandt und ihn genauer untersucht: Wir haben entdeckt, dass viele Gebäude in der "Unterstadt" von Bremgarten ursprünglich der katholischen Kirche gehörten, so auch unser Haus. In unserem Garten wurden früher z.B. Taufen abgehalten. Die Gebäude der ehemaligen Klosteranlage sind teilweise noch gut erhalten und bilden heute noch den baukulturellen Kern der Unterstadt. Ferner befinden sich wichtige profane Gebäude der Stadt wie z.B. das Kornhaus, das Stadtmuseum, diverse Brunnenanlagen etc. in unmittelbarer Nähe zu unserem Gebäude. Stadträumlich finden wir die geschützte historische Stadtmauer, welche gegen Westen auch unseren Garten begrenzt ausserordentlich wichtig, weshalb wir diese wieder sichtbar gemacht haben. Zwischen der alten Stadtmauer und der Gartenmauer spannt sich ein Hortus Conclusus auf, ein geschützter privater Gartenraum.

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R.Z.: Welche weiteren Schritte haben Sie daraufhin unternommen?

T.A.: Sowohl im Aussenraum wie auch Inneren der Gebäude haben wir vieles entfernt, insbesondere Bauteile, welche wohl im letzten halben Jahrhundert verbaut wurden: "Die Spreu vom Weizen zu trennen" lautete im übertragenen Sinne die erste Herausforderung. Im Aussenraum wurden zum Beispiel mehrere Fertiggaragen sowie Betonverbund-steine aller Art, der gesamte Verputz der Aussen- und Einfriedungswände samt über fünfzig Fensterläden entfernt. Im Inneren wurden die Holzbalkendecken an verschiedenen Orten von den Deckenverkleidungen befreit, was wesentlich ist für die Raumhöhe und damit für das Raumempfinden. Diverse nicht tragende Trennwände wurden entfernt, wodurch grosszügigere Räume geschaffen wurden. Diese Reduktion auf die bestimmenden Teile der gewachsenen Gebäudestruktur haben den weiteren Prozess überhaupt erst in Gang gebracht.

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R.Z.: Was hat sich in dieser Anfangsphase herauskristallisiert?

T.A.: Es hat sich herauskristallisiert, dass es sich eigentlich um vier Gebäude handelt: Das kleinere Vorderhaus, welches an der Strasse steht trägt das Baujahr 1689. Das grosse Hinterhaus stammt vermutlich aus dem 19. Jahrhundert. Das Hinterhaus und das Vorderhaus waren ursprünglich wohl nicht zusammengebaut. Dies zeigte uns unter anderem die Konstruktion der Dächer auf. Erst als die beiden Gebäudeteile räumlich miteinander verbunden werden wollten, entstand das Mittelhaus mit der Haupterschliessung. In den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts entstand das Gartenhaus als Anbau an das Hinterhaus. Darüberhinaus wurde das kompakte Konglomerat der vier Gebäude in der nordöstlichen Gebäudeecke positioniert, was eine nahezu optimale Besonnung des Gartens im Tagesgang ermöglicht. Die Giebel der Gebäudegruppe stehen 90 Grad gedreht zu den anderen Gebäuden in der Strassenzeile. Überdies sind die Gebäude freistehend, also ohne Brandmauer zu den Nachbargebäuden. Auf Basis dieser Analyse haben wir die Erhaltungsziele definiert.